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Interview mit Regisseur Michael Gautsch!




Wie kam es zur „Kleinen Benimmschule“?

Eine Lehrerin rief im Unterrichtsfilm-Vertrieb der Cinetop-
Film an und fragte, ob es einen Film zum Thema „Gutes
Benehmen“ für Schulen gibt. Wir machten uns auf die Suche,
wurden aber nicht fündig. Schließlich sagte ich: „Wenn es
keinen solchen Film gibt, dann lasst uns einen machen.“


Ein schwieriges Unterfangen?

Teilweise. Ich habe mir lange überlegt, wie man ein solches
Thema angeht. Ein Film, der ausschließlich richtiges Be-
nehmen aneinanderreiht, wie ein Benimm-Buch, erschien
mir zu eindimensional, bot mir keine solide Identifikations-
möglichkeit für Kinder. Menschen, auch Kinder, gehen
meist den bequemeren Weg. Daher war es wichtig, zuerst
den negativen Helden zu zeigen, der mit seinem Egoismus
und seiner Rücksichtslosigkeit scheitert, dann erst den
positiven Helden, der gewinnt. Die Gegenüberstellung von
gutem und schlechtem Verhalten erschien mir auch didaktisch
klüger.


Haben Sie Praktiker in Ihre Arbeit miteinbezogen?

Wir gaben die einzelnen Fassungen des Drehbuches Lehrern
zu lesen, die Schüler dieses Alters unterrichten. Darunter
waren auch Lehrer, die in ihren Klassen Benimmunterricht
veranstalten. Auf diese Weise erhielten wir viel Feedback,
und wir haben uns bemüht, die wertvollen Anregungen ins
Buch zu integrieren. Manchmal mussten freilich auch Kom-
promisse geschlossen werden, weil die uns beratenden Päda-
gogen manchmal unterschiedliche Auffassungen vertraten.


Zum Beispiel?

Zum Beispiel in jener Szene, in der Max zu spät in die Klasse
kommt, und sich auf seine Katze bzw. seinen Hamster aus-
redet, der Lehrer dann von der „Hamsterkatze“ spricht und
die ganze Klasse lacht. Eine Pädagogin meinte, diese Szene
müsse man unbedingt so belassen, weil sie den Film auf-
lockere, die andere wiederum vertrat die Ansicht, das Ver-
halten von Max sei nicht vorbildhaft. Wir haben dann die
Szene ausgebaut, indem wir zeigen, dass Max eingesteht,
dass er vor der Schule einen Freund getroffen hat, was ja sein
Zuspätkommen tatsächlich verursachte. Er korrigiert sich
selbst, lernt also, auf Ausreden zu verzichten und für sein Ver-
halten gerade zu stehen. Und das zu zeigen macht natürlich
Sinn.


Wie wichtig waren Ihnen die Filmdialoge?

Außerordentlich wichtig. Und da ist man sich als Autor
keinesfalls immer sicher, ob man richtig liegt. In einem
solchen Fall hilft nur mehr die Flucht nach vorne. Um ganz
sicherzugehen, dass die Dialoge echt sind und der Alters-
gruppe entsprechen, haben wir in einer der Schulklassen,
in der wir drehten, eine Drehbuchlesung durchgeführt.


Und sie wurden korrigiert?

Aber ja. In der Regel sagten die Schüler allerdings nicht:
„Das sagt man so nicht.“, sondern „Ich sage das so und so.“
Auch Ideen wurden eingebracht. Etwa die Ausrede, die Klingel
nicht gehört zu haben. Die anwesende Klassenlehrerin äußerte
sich nach der Drehbuchlesung erstaunt darüber, dass sich die
Kinder so offen äußerten.


Wie reagierten die Kinder auf Max´ Sätze, mit
welchem er die ältere Dame im Bus anpöbelt?


Gar nicht. Die standen nicht im Drehbuch. Die haben die
Kinder selbst eingebracht. Ich hätte Skrupel gehabt, das so
auf Papier zu bringen. Aber dadurch bekommt die Szene ein
hohes Maß an Authentizität. In der angesprochenen Szene
ignoriert die ältere Dame im Bus die Verbalattacken von Max.
Sie äußert sich erst, als die Kinder der Hochschwangeren nicht
Platz machen. Ich erkenne eine gewisse Ratlosigkeit Erwach-
sener, mit diesen Situationen adäquat umzugehen. Während
der Dreharbeiten im Bus und auf der Straße wurde ich mehr-
mals von älteren Mitbürgern angesprochen, die sich über das
Verhalten von Kindern am Schulweg beschwerten. Ich halte es
für ausgesprochen wichtig, solche Dinge im Unterricht zu thema-
tisieren.


Seit einigen Jahren gibt es in Deutschland die Diskussion, eine Art Benimmunterricht einzu-
führen.


Allerdings wurde in nur in sehr seltenen Fällen daraus ein Wahl-
oder Pflichtfach. Aber es gibt eine beachtliche Anzahl von Lehrern,
die Benehmen in Fächern wie z. B. Arbeitslehre unterrichten.


Sollte ein eigenes Unterrichtfach eingerichtet
werden?


Das hielte ich für überzogen. An der Notwendigkeit, Benehmen
im Unterricht zu thematisieren, zweifle ich freilich nicht, ganz
im Gegenteil. Ich finde es für äußerst sinnvoll, Benehmen
Fächer übergreifend zu unterrichten.


Obwohl die Erziehung zu gutem Benehmen
eigentlich in den elterlichen Bereich fällt.


Ja, ein Teil der Elternschaft hat sich mehr oder weniger und
aus unterschiedlichsten Gründen aus der Kindererziehung aus-
geklinkt. Die Lehrer müssen – häufig unfreiwillig – die
Erziehungsaufgabe mit übernehmen. Bei den Recherchen zu
diesem Film ist mir zum Beispiel aufgefallen, dass manche
Kinder nie gelernt haben, beim Öffnen von Türen in öffent-
lichen Gebäuden auf hinter ihnen gehende Mitmenschen zu
achten. Dem Lehrer die Türe vor der Nase zuzuknallen wird
von manchen als völlig normal gesehen. Wenn solche
Verhaltensweisen Platz greifen, muss man reagieren. Wer
dann noch sagt, Benimmunterricht ist überflüssig, verleugnet
die Realität.


Wie diszipliniert ging es denn bei den Dreh-
arbeiten zu?


Es waren ausgesprochen harmonische Dreharbeiten.
Die drei Schulen, an denen wir drehten, unterstützten uns, so
gut sie konnten. Die Schauspieler, besonders die Kinderdar-
steller, kamen gut mit ihren Rollen zurecht.


Wie viele Kinder haben Sie gecastet, um die
Hauptrollen Max und Julia zu besetzen?




Anfangs dachten wir, dass wir dreißig bis fünfzig Kinder casten müssten, aber wir hatten Glück und es waren bloß neun. Casten
ist ja eine sehr zeitaufwendige Arbeit, und oft sind die Eltern
aufgeregter als die Kinder. Während die Darstellerin der Julia
schon bei den Probeaufnahmen ihr ganzes Talent zum Ausdruck
brachte, kam es bei Philipp, dem Darsteller vom Max erst bei
den Dreharbeiten zur Entfaltung.


Sie sind mit dem Ergebnis zufrieden?

Das Drehbuch war geprägt von den vielen inhaltlichen Vorgaben,
die es bei einem Lehrfilm nun mal gibt. Mit Hilfe des guten
Darstellerensembles gelang es dann aber, die Geschichte zu
individualisieren und sehr bunt und lebendig zu gestalten. Die
ersten Reaktionen auf den Film haben gezeigt, dass er durch-
aus einen gewissen Unterhaltungswert besitzt.



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